Die problematische Darstellung islamkritischer Inhalte in den westlichen Medien am Beispiel von The Innocence of Muslims

Ich möchte mich gerne mit Fragen rund um den Begriff Zensur beschäftigen. Hierbei gilt mein Augenmerk den islamkritischen Inhalten in den westlichen Medien, darunter auch The Innocence of Muslims.

Kernfragen hierbei sind:

1. Wer spricht wann, wie, warum und wo davon, dass YouTube zensiert hat?

2. Inwiefern fällt der Umgang der Medien (speziell auf den Fall Innocence of Muslims bezogen) mit islamkritischen Inhalten in den Bereich des „silincing“ ?

Worum geht es bei dem Film?

In dem Film The Innocence of Muslims wird der Prophet Mohammed in sehr verspottender, dümmlicher und beleidigender Art und Weise präsentiert. Im September diesen Jahres haben Ausschnitte dieses Films, die es auf YouTube zu sehen gab, für Krawalle und Furore in der islamischen Welt gesorgt.

Am 11. September wurden auf die amerikanische Botschaft in Kairo (Ägypten) und das US-Konsulat in Bengasi (Libyen) Anschläge verübt und dabei kamen sogar mehrere Diplomaten ums Leben. Später wurden sogar deutsche und britische Botschaften im Sudan angegriffen. Eine Chronologie der Aufstände lässt hier nachlesen.

Als Reaktion auf die Ausschreitungen sperrte das Videoportal dann den Zugang zu dem Video in Ägypten und Libyen obwohl sie keinerlei gerichtlichen Beschluss der Länder dafür hatten. D.h. sie  taten es von sich aus. Aus eigenen Gründen und Motivationen und nicht, weil sie ein Staat darum gebeten bzw. dazu gezwungen hat. Außerdem sagt YouTube in einer Pressemitteilung selbst, dass das Video innerhalb seiner Richtlinien liegt.

„We work hard to create a community everyone can enjoy and which also enables people to express different opinions. This can be a challenge because what’s OK in one country can be offensive elsewhere. This video — which is widely available on the web — is clearly within our guidelines and so will stay on YouTube. However, given the very difficult situation in Libya and Egypt we have temporarily restricted access in both countries. Our hearts are with the families of the people murdered in yesterday’s attack in Libya.“

(Quelle: https://netzpolitik.org/2012/unschuld-der-muslime-youtube-zensiert-anti-islamischen-film-in-agypten-und-libyen/)

Halten wir also fest: 

-YouTube sperrt den Zugang ohne Gerichtsbeschluss

-YouTube sperrt den Zugang obwohl das Video nicht gegen die eigenen Regeln verstößt.

Es häuft sich nun die Meinung an, dass YouTube hier bereitwillig zensiert hat!

In Anlehnung an Frederick Schauer möchte ich mich hier also mit der „language of censorship “ beschäftigen und recherchieren wer, wann, wie und wo von Zensur gesprochen hat und der Frage nachgehen, ob es sich hier auch um eine operative Kategorie handelt. Als Korpus soll hier vor allem das Medium Internet durchsucht werden (Blogs, Userkommentare, Nachrichten, Electronic Frontier Foundation, Index of Censorship etc.)

Welche weiteren Beispiele für die problematische Darstellung von islamkritischen Inhalten in westlichen Medien lassen sich finden? 

  •  Medium Zeitung:Veröffentlichung von 12 Cartoons, die den Propheten M zeigen in der dänischen Zeitung Jyllands-Posten“ –> Dänische Botschaft in Pakistan wurde angegriffen
  • Medium TV:in der 200. Folge von South Park wurde der Prophet Mohammed zusammen mit Jesus gezeigt. Die islamische Welt fühlte sich angegriffenen und beleidigt und veröffentlichte daraufhin eine Morddrohung an die Erfinder von Southpark im Internet –> es kam zu einer Nachzensur der Folge
  • Medium soziales Netzwerk: als Reaktion auf diese Morddrohung hat wiederum die amerikanische Comicautorin Molly Norris eine Zeichnung angefertigt, die alle dazu aufforderte eine weitere Zeichnung des Propheten anzufertigen –> Inernetcommunity machte daraus den „Evereybody draw Mohammed day“ –> Fatwa gegen Norris
  • Medium Buch: weil Salmon Rushdies in seinem Roman  Die satanischen Verse den Islam, den Propheten und den Koran beleidigt haben soll, rief das geistige Oberhaupt des Iran eine Fatwa aus: Auf Rushdie wurde ein Kopfgeld von mehreren Millionen Dollar ausgesetzt

Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass die Aufstände bei The Innocence of Muslims nicht überraschen, wenn man sich die anderen Fälle anguckt, in denen sich die Muslime in ihrer Religion beleidigt fühlten. Genauso wenig überrascht die Reaktion von YouTube, ich würde sogar behaupten, dass die meisten sie für nachvollziehbar halten.

Hier komme ich nun zu meiner zweiten Frage: Wenn man die vielen Ausschreitungen im Hinterkopf behält, kann man dann schon von einer Art Selbstzensur oder einem Akt des „silincing“ im Bezug auf die Darstellung von islamkritischen Inhalten sprechen? Hätte YouTube nicht anders reagiert, wenn es nicht solche Proteste gegeben hätte? Formulieren wir etwas anders, weil wir Angst vor den Reaktionen in der islamischen Welt haben?

Allerdings weiß ich bei dieser zweiten Frage noch nicht genau welchen Korpus ich hier untersuchen soll und würde mich sehr über Anregungen freuen.

Eine erste Idee ist, weitere Fallbeispiele für die Veröffentlichung islamkritischer Inhalte und die schweren Reaktionen darauf zu sammeln und so meinen Aussagen mehr Gewicht zu verleihen.

Über Ideen, Anregungen und auch Kritik von euch würde ich mich sehr freuen

Liebe Grüße,

Alina Schuljak

 

5 thoughts on “Die problematische Darstellung islamkritischer Inhalte in den westlichen Medien am Beispiel von The Innocence of Muslims

  1. „Hätte YouTube nicht anders reagiert, wenn es nicht solche Proteste gegeben hätte?“
    Den zweiten Fragenkomplex von dir verstehe ich nicht ganz. Du hast ja selbst herausgearbeitet und in dem Zitat gezeigt, dass YouTube das Video in bestimmten Ländern gesperrt hat als Reaktion auf gewalttätige Proteste, die sich gegen westliche Botschaften/Organisationen und Diplomaten gerichtet haben. Dementsprechend ist klar, dass YouTube ohne die Proteste das Video nicht gesperrt hätte.

    Oder zielt deine Frage darauf ab, inwieweit wir die Gesetze im Islam, die nichts mit unseren eigenen Wertvorstellungen zu tun haben wie das Bilderverbot, grundsätzlich respektieren, sofern es keine lautstarken, gewalttätigen Proteste gibt?

    Bezüglich Ideen für einen Korpus fällt mir gerade auch nicht mehr ein als Zeitungsartikel, Fernsehsendungen, Kommentare, Internetblogs und so weiter, die sich mit der Materie beschäftigen.

    Allerdings erinnere ich mich an ein weiteres Fallbeispiel und zwar die Absetzung der Mozart-Oper Idomeneo in Berlin. In der Inszenierung sollten die abgeschlagenen Köpfe verschiedener Religionsstifter wie Jesus, Buddha und Mohammad auf der Bühne gezeigt werden. Aus Angst vor gewalttätigen Ausschreitungen / Anschlägen seitens von radikalen Muslimen setzte die Intendantin die Oper aus, was zu eben den Kontroversen geführt hat wie bei den anderen Fallbeispielen: Grenzen wir unseren eigenen zentralen Wert der Meinungsfreiheit ein aus Respekt oder Angst vor der Haltung einiger / vieler Muslime?

    Dieses Beispiel wäre dann „Medium Theater“ 😉

  2. Hi Albert. Vielen Dank erstmal für dein Fallbeispiel! 🙂

    Bezüglich deiner Frage:
    Du hast natürlich recht damit, dass ich in meinen Ausführungen YouTubes Reaktion mit den Protesten erklärt habe (wobei hier wenigstens kurz angemerkt werden sollte, dass im Nachhinein herausgearbeitet wurde, dass sich die Aufstände nicht nur gegen das Video gerichtet haben, sondern wohl schon vorher Protestaktionen geplant waren).

    Meine Fragestellung beschäftigt sich aber eher mit dem, was du in deinem zweiten Absatz geschrieben hast.

    Ich frage mich, ob die Medien islamkritische Inhalte nur dann zensieren, wenn es Aufstände gibt bzw. wenn damit zu rechnen ist. Du hast ja schon selbst erwähnt, dass wir eigentlich ein anderes Wertesystem haben. Hinzuzufügen ist, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung in sehr vielen westlichen Ländern sehr groß geschrieben wird. Dennoch greift man scheinbar schneller zur Zensur wenn es um islamkritische Inhalte geht (bei Southpark wird ja auch regelmäßig Jesus verspottet. Die Folge mit Mohammed wurde allerdings zensiert.)

    Ich kenne auch ein Beispiel bei dem -meines Wissens nach- keine Zensur getätigt wurde, obwohl darum gebeten wurde. Dazu werde ich in kürze noch was posten.

    Meine generelle Hypothese ist aber: Ja, die Medien zensieren häufig wenn es sich um islamkritische Inhalte handelt, eventuell könnte man sogar schon vom „silincing“ sprechen.

    Ich möchte anhand von vielen Fallbeispielen und insbesondere am Beispiel von The Innocence of Muslims versuchen diese Hypothese mit Argumenten zu stärken. Es kann natürlich auch sein, dass ich mich hier irre. Das wird spätestens die intensive Recherche zeigen.

    Konnte ich damit deine Frage beantworten?
    Falls nein, versuche ich gerne weitere Unklarheiten zu klären 🙂

    Grüße,
    Alina

  3. Hi,
    ich finde im Zusammenhang mit dem Video und medialer Kontrolle auch interessant, dass es Stimmen gibt, die sagen, dass die Anschläge nicht „unbedingt nur“ durch das video ausgelöst wurden. z.B. „Nach dem Angriff auf das US-Konsulat in der libyschen Stadt Bengasi gehen die US-Geheimdienste Hinweisen auf einen gezielten Terroranschlag nach. Auch über eine Verwicklung des Terrornetzwerks al-Qaida wird spekuliert. Der Angriff sei „geplant, koordiniert, organisiert ausgeführt“ worden, erklärte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus Mike Rogers. Es sei sicher kein Zufall, dass sich der Anschlag am 11. September ereignet habe, dem elften Jahrestag der Qaida-Terroranschläge in den USA.“ usw. (http://www.spiegel.de/politik/ausland/anschlag-auf-us-botschafter-in-libyen-usa-schicken-zerstoerer-a-855507.html) lg 🙂

    • Hi Thomas!
      Danke für die Anmerkung. Ich finde das auch sehr interessant und werde dem auch noch weiter nachgehen. Allerdings weiß ich nicht, ob YouTube diese Informationen zur Zeit der Zugangssperrung bereits bekannt gewesen sein konnten. Hast du eine Idee wie ich das heraus bekommen könnte? Wenn man wirklich wüsste, dass YouTube das alles bekannt gewesen ist,hätte man ja ein weiteres super Argument dafür, dass es sich hier wirklich um bereitwillige Zensur handelt. Wenn sie es aber schlichtweg nicht wissen konnten ist das was anderes…

      • Hallo Alina,
        es freut mich, dass Dir das vielleicht weiterhilft! Hm… man könnte vielleicht schauen, wann Mike Rogers diese Äußerungen gemacht hat und wann CNN etc. davon berichtet haben – vielleicht war es ja vor der Sperrung… eine bessere Idee habe ich leider nicht. lg 🙂